Derzeit trainiert Flora Colledge in St. Moritz für den Norseman, den härtesten Triathlon der Welt. Neben ihrem Profisportlerleben ist Colledge auch Forscherin an der Universität Luzern und hat sich auf das Thema Sportsucht spezialisiert. In einem Interview erzählte sie, wie sie als Sportsüchtige selbst ihre Grenzen auslotet und welche Herausforderungen sie dabei bewältigen muss.
Für Flora Colledge begann ihre Triathlonkarriere relativ spät mit 28 Jahren. Als Teenager hatte sie Wettkämpfe noch nicht gemocht, aber während ihres Studiums entdeckte sie ihre Leidenschaft für den Sport. Trotz zahlreicher Verletzungen und Rückschläge fand sie schließlich zum Triathlon und setzte sich ehrgeizige Ziele. Auch ohne klare Vorbilder in der Triathlonwelt ließen sich Ausnahmeathletinnen wie Caroline Steffen von Colledge inspirieren, die es schaffen, Sport und Beruf unter einen Hut zu bringen.
Als zielstrebige und ambitionierte Personen fühlen sich Sportsüchtige oft unzulänglich und leiden unter dem sogenannten Impostor-Syndrom, bei dem sie trotz Erfolg Zweifel an ihren Fähigkeiten haben. In der Forschung fehlt jedoch noch ein klinisches Bild der Sportsucht, obwohl viele Menschen darunter leiden. Colledge versucht daher, eine Brücke zu schlagen zwischen Sportpsychologie und Sportmedizin, um die Erkennungsmerkmale und Folgen der Sportsucht besser zu verstehen.
Sportsüchtige machen Sport oft zwanghaft und fühlen sich dazu gezwungen, selbst wenn es ihrer Gesundheit schadet. Im Gegensatz dazu trainieren Profi-Sportler in Zyklen und achten auf Regeneration, während Sportsüchtige oft einen konstant hohen Trainingsaufwand betreiben. Trotzdem fehlen bisher klare diagnostische Kriterien für Sportsucht, und betroffene Personen haben oft Schwierigkeiten, psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Die sozialen Medien können das Problem der Sportsucht verstärken, indem sie ein falsches Bild von Körperlichkeit vermitteln und Druck aufbauen, bestimmten Schönheitsidealen zu entsprechen. Colledge verfolgt sowohl als Sportlerin als auch als Forscherin das Ziel, sich von Jahr zu Jahr zu verbessern und Wettkämpfe zu gewinnen, während sie sich gleichzeitig mitfühlender mit sich selbst in Bezug auf ihre Leistungen auseinandersetzt. Als Forscherin möchte sie die Lücke in der Erforschung der Sportsucht schließen und dieses Thema stärker ins Bewusstsein rücken.